Die Geschichte der Psychologie
- Paulina
- 3. Juli 2024
- 3 Min. Lesezeit

Foto von Giammarco Boscaro auf Unsplash: https://unsplash.com/de/fotos/book-lot-on-black-wooden-shelf-zeH-ljawHtg
Jede Woche informieren wir Dich über spannende psychologische Themen, aber wie hat sich die Psychologie überhaupt entwickelt? Wer sind die Begründer*innen und seit wann gibt es die Psychologie überhaupt? Diese und einige weitere Fragen werden wir in diesem Blogbeitrag klären.
„Die Psychologie besitzt eine lange Vergangenheit, aber nur eine kurze Geschichte“
Diesen Satz schrieb Hermann Ebbinghaus, der selbst einer der ersten Experimentalpsychologen war. Damit verwies er auf die lange Vergangenheit der Fragen, die noch heute in der Psychologie gestellt werden. Die menschliche Natur war in den philosophischen Schulen des Altertums schon ein häufiges Thema. Sowohl Fragen zur Wahrnehmung oder zum Bewusstsein als auch psychische Erkrankungen waren Thema der Diskussion. Die westliche Psychologie wird auf die fundamentalen Fragen zum menschlichen Geist und dessen Willen von Platon (427–347 v. Chr.) und Aristoteles (384–322 v. Chr.) zurückgeführt. Es ist jedoch anzumerken, dass es bereits davor verschiedene Formen der Psychologie, beispielsweise in indischen Traditionen, gab. Es kristallisierten sich zwei Sichtweisen auf die Psyche heraus, die auch heute in der Wissenschaft noch vertreten werden. Die empiristische Sichtweise sieht den Geist des Menschen als leere Tafel, die durch verschiedene Erfahrungen beschrieben wird. Diese Perspektive hat ihre Wurzeln in den Schriften von Aristoteles. Ein weiterer bekannter Vertreter dieser Annahme ist John Locke (1632–1704). Die nativistische Sichtweise postuliert auf der anderen Seite, dass Menschen bereits bei Geburt bestimmte mentale Strukturen haben, die die Wahrnehmung der Welt bestimmen. Diese Perspektive wurde sehr stark von Immanuel Kant (1724–1804) vertreten, geht jedoch auf Platon zurück.
Eine weitere bekannte philosophische Perspektive brachte René Descartes (1596- 1650) ins Spiel. Er beschrieb den Körper des Menschen als Maschine, die durch die Analyse der Naturgesetze verstanden werden kann.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Psychologie schließlich zu einer eigenen Wissenschaft. Maßgeblich waren dafür die Labortechniken, beispielsweise aus der Physik, welche nun zur Klärung der philosophischen Fragen eingesetzt wurden.
Als entscheidende Persönlichkeit der experimentellen Psychologie ist Wilhelm Wundt zu nennen, der 1879 in Leipzig das erste Institut für experimentelle Psychologie gründete. Wundt war Mediziner, befasste sich aber vorrangig mit Fragen der Wahrnehmung und Empfindung des Menschen. Wundt nahm schnell erste Doktoranden an, die häufig Gründer eigener Institute auf der ganzen Welt wurden. Nach der Etablierung der Disziplin wurden an nordamerikanischen Universitäten psychologische Institute eröffnet, zuerst im Jahr 1883 an der Johns Hopkins University. Häufig waren diese Institute stark von Wilhelm Wundt und dessen Schüler beeinflusst. Insgesamt gab es bis zum Jahr 1900 mehr als 40 psychologische Labore in Nordamerika. Eine neue, spezifisch amerikanische, Perspektive entwickelte der Havard-Professor William James. 1890 schrieb er sein Werk The Principles of Psychology, welches bis heute von einigen Expert*innen als das bedeutsamste psychologische Werk beschrieben wird. Kurz danach wurde 1892 die American Psychological Association von G. Stanley Hall gegründet. 1904 folgte die Deutsche Gesellschaft für Psychologie.
Gleichzeitig entstand eine Debatte über die Methoden, aber auch über den Gegenstand der Psychologie. Es kristallisierten sich zwei Strömungen heraus: der Strukturalismus und der Funktionalismus.
Strukturalismus - die Struktur der Psyche
Zurückgehend auf Wundts Tradition konnten einfache Reaktionen auf bestimmte Stimuli in Laboren erfasst werden. Diese Beobachtungen und Versuchsabläufe wurden festgeschrieben und konnten dadurch repliziert werden. Edward Titchener, der selbst Schüler von Wundt war und einer der ersten Psychologen der USA, wollte diese Methoden nutzen, um die zugrundeliegende Struktur der Psyche zu erforschen. Er nutzte vorrangig die Technik der Introspektion, wobei Menschen selbstständig und systematisch ihre Gedanken und Gefühle während und nach bestimmten Erlebnissen formulieren. Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht ist die Introspektion nicht immer eine verlässliche Methode. Eine weitere Sichtweise auf die Struktur der Psyche brachte der deutsche Psychologe Max Wertheimer mit seiner Gestaltpsychologie ins Feld. Kurzgefasst sagt er aus, dass das Ganze etwas anderes ist als die Summe der Einzelteile.
Funktionalismus - die Funktionen der Psyche
William James richtete seine Aufmerksamkeit vor allem auf die Absichten der Prozesse und nicht auf die einzelnen Bestandteile. Die Schlüsselfrage des Funktionalismus lautet also: worin besteht die Funktion oder Absicht des Verhaltens? Das Ziel von James lag vorrangig im Erklären und nicht dem genauen experimentellen Analysieren nach Wundt. In seiner Theorie war demnach auch Platz für Emotionen, Werte, Religionen und mystische Erfahrungen, wenn sie zur Erklärung der Funktion eines Verhaltens beitragen.
Heute existieren beide Theorien nebeneinander und ergänzen sich, sodass Psycholog*innen sowohl die Struktur als auch Funktion untersuchen.
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