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Angststörung: Der richtige Umgang mit Betroffenen




Angststörungen sind weit verbreitet, werden aber dennoch oft missverstanden. In der zweiten Jahreshälfte von 2022 waren etwa 12 bis 15 Prozent aller Deutschen betroffen. Für diejenigen, die unter der unsichtbaren Last leiden, sind Ängste nicht einfach vorübergehende Sorgen oder normale Gefühle der Nervosität. Stattdessen kann es zu einem belastenden und überwältigenden Hindernis im täglichen Leben werden, das sowohl die psychische als auch die körperliche Gesundheit beeinträchtigt.


 

Ab wann spricht man von einer Angststörung?

Natürlich ist Angst ein Schutzmechanismus, der uns in gefährlichen Situationen warnt. Doch wenn Angst außer Kontrolle gerät und häufig auftritt, selbst wenn keine realen Bedrohungen vorliegen, lange andauern, sowie mit belastenden körperlichen Symptomen auftritt, spricht man von einer Angststörung.


Formen der Angststörung

Angststörungen lassen sich in zwei Unterarten gliedern. Sind die Angstreaktionen mit eindeutigen Auslösern verbunden, spricht man von Phobien. Am verbreitetsten ist die Agoraphobie (die Angst vor Menschenmassen), die Angst vor Spinnen (oder anderen Tieren), die Flugangst oder die soziale Phobie. Zu den Angststörungen, welche auf keinen konkreten Auslöser zurückzuführen sind, gehören Panikstörungen sowie die generalisierte Angststörung. Diese stellen in der Regel eine permanente Belastung für die Betroffenen dar.


Ursachen von Angststörungen

Die Identifizierung konkreter Ursachen für die Entstehung einer Angststörung kann in vielen Fällen nicht eindeutig geklärt werden. Traumatische Erfahrungen sind eine mögliche Ursache, welche später die Entwicklung von Phobien oder generalisierten Angststörungen auslösen können. Auch diverse Umweltfaktoren sowie genetische Dispositionen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an einer Angststörung zu erkranken. Des Weiteren kann Angst auch als Begleitsymptom durch verschiedenen körperlichen Erkrankungen verursacht werden.

 

Symptome von Angststörungen

Angststörungen sind durch eine vielfältige Symptomatik gekennzeichnet. Menschen mit Phobien empfinden Furcht oder meiden öffentliche Plätze, alltägliche Aufgaben oder spezifische Trigger wie bestimmte Tieren, Spritzen oder das Fliegen. Typisch für generalisierte Angststörung sind stationsunabhängige, plötzliche Angstattacken, begleitet von psychischen und körperlichen Symptomen. Zudem leiden Erkrankte unter übermäßigen, unkontrollierbaren Sorgen in verschiedenen Lebensbereichen, wie Grübelzwängen oder Zwangshandlungen. Die Angst bei Betroffenen oft vielschichtig ausgeprägt und lähmt sie in verschiedenen Aspekten des Lebens.


Tipps für den Umgang mit Betroffenen und was Angehörige tun können

Folgende Ratschläge, könnten als Inspiration für einen hilfsbereiten Umgang mit betroffenen Personen dienlich sein.


1. Informationen über das Krankheitsbild in Erfahrung bringen. Durch ein konkreteres Bild über die Erkrankung lassen sich die Erfahrungen der betroffenen Person besser nachvollziehen.


2. Mitgefühl und Verständnis für die Gefühle und Erfahrungen der Person zeigen. Ängste herunterzuspielen oder zu verharmlosen, sollte um jeden Preis vermieden werden.


3. Emotionale Unterstützung bieten. Aufmerksames Zuhören, ermutigt Betroffene über ihre Ängste zu sprechen und ihre Gefühle auszudrücken. Biete währenddessen Trost und Unterstützung, ohne zu urteilen.


4. Die Nutzung von Selbsthilfestrategien empfehlen. Das Teilen von Informationen über verschiedene Selbsthilfestrategien, können bei der Bewältigung von Angstsymptomen in Angstsituationen helfen, beispielsweise tiefe Atmungsübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitspraktiken.


5. Zur professionellen Hilfe ermutigen und sie dabei unterstützen. Wenn betroffene Personen das Wahrnehmen professioneller Hilfe in Betracht ziehen, sollten diese auf der Suche nach spezialisierten Expert*innen wie Psycholog*innen, Therapeut*innen oder Psychiater*innen unterstützt werden. Therapien wie die kognitive Verhaltenstherapie oder Medikamente können verschrieben werden, die im Umgang und der Bewältigung der Angststörung helfen können.


6. Einen gesunden Lebensstil vorleben. Zeige dem Betroffenen, die Vorteile eines gesunden Lebensstils, der aus ausgewogener Ernährung, regelmäßiger körperlicher Aktivität sowie ausreichend Schlaf besteht. Dies kann zu einer Reduzierung der Angstsymptome beitragen.


7. Praktische Unterstützung bieten. Wenn die Angst der Person, sie daran hindert, Aufgaben zu erledigen, kannst du durch Helfen bei der Organisation von Terminen für Therapiesitzungen oder bei der Unterstützung alltäglicher Aufgaben ihnen eine große Last von den Schultern nehmen. Unterstützung zu bieten, kann auch heißen, sich bei bestimmten Aufgaben bewusst in den Hintergrund zu nehmen beziehungsweise die Personen, die unter Angststörungen leiden, diese allein erledigen zu lassen. Manchmal ist die beste Form der Unterstützung bereits die physische Anwesenheit von Angehörigen. Außerdem sollte sich die verstärkte Unterstützung nicht in einen Dauerzustand entwickeln. Dann würde die Gefahr bestehen, dass die Betroffenen nicht die Möglichkeit bekommen, ihre Angst selbstständig zu bewältigen und Erfolgserlebnisse zu erfahren.


8. Überforderung vermeiden. Die Grenzen der Person sollten stets respektiert und Situationen, in denen ihre Angst verschlimmert werden könnte, vermieden werden. Es sei denn, es gibt einen passenden Rahmen dafür und sie fühlen sich dazu bereit sowie unterstützt.


9. Frage die Person wie deine Unterstützung zur besseren Bewältigung von Ängsten aussehen kann. Ein Gespräch über die Wünsche der betroffenen Person mit ihren Mitmenschen kann die Bedürfnisse der Person für beide Seiten verständlicher machen. In diesem sollte klar werden, wann welche Form von Unterstützung für die betroffenen Person als hilfreich empfunden wird. Ebenso sollte überlegt werden, in welchen Situationen Hilfe von Angehörigen eher kontraproduktiv wäre, da das ihre Angst verstärken könnte oder sie bestimmte Situationen gerne allein bewältigen möchte, da sie in diesen bereits Fortschritte spüren kann.


10. Zur sozialen Unterstützung ermutigen. Informiere die Person in deinem Umfeld über mögliche (Gruppen)- Aktivitäten, wie zum Beispiel die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für betroffene und angehörige Personen. Das könnte das Gefühl der Unterstützung und Verbundenheit stärken. Über die Online-Portale NAKOS oder BApK können Informationen über Selbsthilfegruppen für Betroffene oder Angehörige in der Nähe des eigenen Wohnortes in Erfahrung gebracht werden.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein einfühlsamer, unterstützender sowie geduldiger Umgang mit Betroffenen der effektivste Weg ist, während du der Person mit einer Angststörung hilfst, sich um ihre Gesundheit zu kümmern und Unterstützung zu suchen. Trainiere selbst einen gesunden Umgang mit deiner Angst, erkenne die Fortschritte der Person an, biete unterstützende Maßnahmen in Form von praktischer Hilfe sowie Informationen über Hilfsangebote und Anlaufstellen an.

 

Beachte jedoch, dass die Unterstützung jeder erkrankten Person individuell nach Krankheitsbild, Schweregrad, Lebenssituation, Persönlichkeit sowie den eigenen Möglichkeiten variieren kann.


Bis heute sind Angststörungen ein stigmatisiertes Thema. Hilfsangebote, sowie Organisationen, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, Aufklärung über dieses und weitere Krankheitsbilder zu betreiben, beabsichtigen eine Reduzierung der Stigmen. Es bedarf weiterhin einer verstärkten Aufmerksamkeit und Präsenz für das Thema Angststörungen. Demnach sollten Angststörungen als schwerwiegende psychische Erkrankungen betrachtet werden, die nicht allein durch Willenskraft bewältigt werden können.


Quellen

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